Samstag, 18. Dezember 2010
Kaufbeuren siegt sich in den Ruin
Es ist dieser Tage sicher keine Freude, durch die verschneite Landschaft des Allgäus zu fahren. So schön die weiße Pracht auch anzuschauen ist, so anstrengend ist das Durchkommen mit Autos. Vielleicht ist das ein Grund, warum sich derzeit so wenig Zuschauer in der Sparkassen Arena in Kaufbeuren zu den Heimspielen des lokalen Eishockey-Zweitligisten einfinden. Am dort gebotenen Sport kann es nicht liegen.

ESV Kaufbeuren, das bedeutet Schwelgen in alten Erinnerungen. Der Traditionsverein war lange erstklassig, hat Talente hervorgebracht wie den früheren Nationalmannschaftsstürmer Dieter "Didi" Hegen oder den noch aktiven Stefan Ustorf. Zwischenzeitlich in den Niederungen des deutschen Eishockeys abgetaucht, hat sich der Klub wieder gefangen, sportlich wie wirtschaftlich erholt und spielt mittlerweile eine veritable Rolle in der 2. Bundesliga.

Noch. Denn Eishockey ist eine kostenintensive Sportart, die hierzulande ein Nischendasein fristet und somit wenig Medienpräsenz und wenig Anziehungskraft für Sponsoren besitzt. Daher steht und fällt das Wohl vieler Vereine mit den Zuschauereinnahmen. Und die sind in Kaufbeuren derzeit nicht gerade üppig. Dabei steht die Mannschaft von Trainer Ken Latta auf Platz 4, siegt regelmäßig und überzeugt dabei auch noch mit sowohl spielerisch wie kämpferisch sehenswerten Auftritten. Zum jüngsten Heimspiel der Joker, wie man das Team auch nennt, verloren sich gerade einmal 1340 Zuschauer in der - zugegeben - nicht mehr ganz zeitgemäßen Eishalle. Dabei war alles dabei, was das Eishockeyherz höher schlagen lässt. Das Team besiegte die Lausitzer Füchse mit 5:3, kämpfte, erzielte sehenswerte Treffer.

Selbst gegen den aktuellen Tabellenführer der Liga, die Schwenninger Wild Wings, kamen nur rund 1700 zahlende Gäste. Trotz Außenseiterrolle gewann Kaufbeuren auch dieses Spiel und machte somit Werbung in eigener Sache. Vergeblich.

Das Management des Klubs hatte sich für den Dezember etwas Besonderes einfallen lassen und die Aktion 20.000 ins Leben gerufen. Ziel war es durch gezielte Aktionen und Werbung in sechs Heimspielen an die 20.000 Zuschauer ins Stadion zu locken. Die Aktion kann schon zum jetzigen Zeitpunkt als gescheitert betrachtet werden.

An was liegt das? Ein Kaufbeurer Fan, "Ritschi", versucht sich in einer Erklärung. "Wir haben hier wirtschaftlich keine gute Position. Es gibt wenig Arbeitgeber in der Region, viele pendeln sogar ins 80 Kilometer entfernte München", sagt er mit einem resignierten Schulterzucken. Das Stadion sei natürlich auch nicht mehr zeitgemäß, zudem habe man mit Füssen, obgleich dort nur Oberliga gespielt wird, einen Konkurrenten, der zu nah an Kaufbeuren liege.

Aber das Produkt Eishockey ist doch in Kaufbeuren in Ordnung, oder? "Wir gewinnen öfter als gedacht, nur kommen die Leute aus der Gegend nicht öfter als gedacht", ergänzt Ritschi. Ihm und anderen bleibt die Hoffnung, dass es wieder aufwärts geht. Mehr als gewinnen, kann die Mannschaft eigentlich nicht. Fehlt weiterhin Geld aus Zuschauereinnahmen, wird sie das irgendwann nicht mehr können.

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Freitag, 7. August 2009
Was erlauben Frings?

Bundes-Jogi Löw hat seinen Kader für das Länderspiel gegen Aserbaidschan bekannt gegeben und, ach wie überraschend, Torsten Frings ist nicht dabei. Der Bremer hält davon überhaupt nichts und verkündet via BILD: "Ich bin sehr enttäuscht. Die Gründe sind nicht nachvollziehbar. Es ist für mich nicht verständlich." Warum Frings das nicht verstehen kann, soll an dieser Stelle nicht beleuchtet werden. Vielmehr gibt es eine einfache Erklärung, warum der Bundes-Jogi hier richtig handelt: Frings spielt seit zwei Jahren nicht konstant gut und war in dieser Zeit häufig verletzt. Der Mittelfeldspieler müsste erst wieder bombig in Form kommen, bevor irgendein seriös denkender Fußballfachmann ihn mit dem Adler auf der Brust sehen will. Frings kann in der neuen Bundesligaspielzeit allen zeigen, warum er auf der "6" der richtige Mann für Bundes-Jogi ist. Wenn er sich mit Leistung aufdrängt, kann man ihm eine Chance geben. Solange er sich aber nur über Boulevardmedien aufdrängt eher nicht.

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Mittwoch, 13. Mai 2009
Man soll gehen, wenn's am schönsten ist

Zweieinhalb Spieltage vor Saisonende (Stuttgart und Hamburg spielen ja erst heute) marschieren Wolfsburg und die Bayern nach wie vor im Gleichschritt, nur getrennt durch die Differenz zweier Tore. Es spricht für den Charakter der Truppe von Felix Magath, dass sie sich nicht durch den Wechsel ihres Vorgesetzten zum FC Schalke 04 aus der Bahn werfen lässt. Und auch wenn man sich angesichts des Offensivtrios Grafite, Dzeko und Misimovic in Ehrfurcht übt und dem Trainer Magath nur gratulieren kann, mit so einer Mannschaft arbeiten zu können, ist sein Wechsel zu Schalke eine logische Maßnahme.
Die Fakten sehen so aus, dass die erfolgreiche Wölfe-Saison Begehrlichkeiten weckt. Arsenal und Milan sollen Interesse an Dzeko haben, das dieser erwidern dürfte, sollte ein konkretes Angebot ins Haus flattern. Er wäre sicher nicht zu halten. Grafite verlöre dadurch seinen kongenialen Partner im Sturm und ist zudem mit 30 Jahren wahrscheinlich nicht mehr lange auf diesem aktuell immens hohen Niveau. Und dann bleibt noch der geniale Vorbereiter Misimovic. Dessen Brilianz am Ball war schon zu seinen Bochumer Zeiten zu sehen und ist gegenwärtig kein Zufall. Aber wenn er nicht die Abnehmer höchster Güte vor sich hat, dürfte auch seine Formkurve irgendwann einen Knick bekommen. Anders ausgedrückt: Misimovic sollte sich bei einem anderen Verein für noch höhere Aufgaben empfehlen.
Insofern hat Felix Magath alles richtig gemacht, er geht, wenn es am schönsten ist. Besser als diese Saison kann der VfL Wolfsburg wohl so schnell nicht werden. Allein die verkorkste Spielzeit aus Bayernsicht, wird den Rekordmeister derart zu Investitionen und Schub anstacheln, dass es auch ein VfL Wolfsburg nicht vermögen wird, diese zu entschleunigen. Und auf Schalke darf Magath in Ruhe einen Scherbenhaufen zusammenkehren. Dort beginnt er ohne großen Druck. Die Fans wollen zunächst eine Truppe auf dem Platz sehen, die malocht. Das tun von Magath trainierte Mannschaften in der Regel, schon weil sie die nötige Puste dafür haben. Und der Verein würde sich schon glücklich schätzen, in die neue Euro-League (UEFA-Cup) einzuziehen. Das dürfte machbar sein.

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Donnerstag, 16. April 2009
Miller Nummer 3

"Für mich gibt es nur zwei Millers auf der Welt", sagte Max Greger umringt von anderen Swing-Legenden am Mittwoch im Konzerthaus in Karlsruhe, "Glen Miller und Gerd Müller". Greger freute sich diebisch über seinen gelungenen Altherrenwitz, doch er hat, gerade an diesem Ort einen Miller vergessen.

Greger, selbst Bayernfan, rechnete dem Publikum mit schauderhafter Mimik vor, was eine vorzeitige Trennung von Übungsleiter Klinsmann kosten würde - rund 7 Millionen Euro. Ob Klinsmann den Sommer als Bayern-Coach überlebt oder nicht - jetzt kommt Miller Nummer 3 ins Spiel - er und seine Bayern haben ein Torwartproblem, das in naher Zukunft weder von Butt noch von Rensing gelöst werden kann.

Und weil sich darüber mittlerweile fast alle Experten einig sind, werden potenzielle Kandidaten für das Bayerngehäuse in einen Topf geworfen. Da wird Nationalkeeper Enke aus Hannover gehandelt. Nicht weniger national, wenngleich ungleich teurer, wird Leverkusens Adler gehandelt. Selbst Wolfsburgs Benaglio ist in der Lostrommel. Und dann gibt es ja auch im Ausland brauchbare Schnapper; der Name Buffon macht ebenfalls die Runde.

Aber warum in die Ferne schauen, wenn das Gute... ein Blick nach Karlsruhe, der ewigen Filiale des FC Bayern, lohnt nach wie vor. KSC-Keeper Miller hält seit Jahren, mit kleinen Ausnahmen, auf hohem Niveau und hat keine richtigen Schwachstellen, wie Rensing sie etwa beim Rauslaufen hat. Torhüter aus Karlsruhe, da war doch was - Oliver Kahn war seinerzeit, aus Karlsruhe kommend, der beste Transfer des FC Bayern auf lange Sicht.

Die Qualität hätte Miller fürs Bayerntor, zu teuer dürfte er auch nicht sein, und von Karlsruher Seite wird er schwer zu halten sein - egal ob als Erstligist oder Absteiger. Dass Max Greger diesen Miller ausgerechnet im Konzerthaus in Karlsruhe nicht auf der Rechnung hatte - kaum zu glauben.

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Donnerstag, 9. April 2009
Gnadenlos überschätzt

Der FC Bayern München ist spätestens gestern Abend in Barcelona aus einer Seifenblase geschuckt worden, die zu Beginn der Saison mit neuen Trainingsmethoden, neuem Spirit (und Spiritismus) sowie der Dynamik eines Motivators Klinsmann aufwartete. Die Seifenblase ist hart, aus den Tropfen sind Scherben geworden. Das Problem des FC Bayern ist nicht am blonden Bäckerssohn, Sündenbock Rensing oder anderen Einzelpersonen festzumachen. Was zum 1:5 in Wolfsburg und nun zum 0:4 in Barcelona geführt hat, ist die gnadenlose Selbstüberschätzung des Kaders des FC Bayern. Und da kommt man an Michael Rensing nun doch nicht vorbei. Sein größter Triumph in dieser Spielzeit ist, dass er gestern Abend in Nou Camp nicht im Tor stehen durfte. Ansonsten kann man objektiv festhalten, dass er kein schlechter Torwart ist. Aber zum Leidwesen des FC Bayern ist er auch (noch) kein richtig guter Keeper. Fast trotzig trägt er schon seit vergangenen Sommer ein Ich-beweise-es-euch-allen-Selbstbewusstsein durch die Gegend. Allein – es fehlen die entsprechenden Taten. Bei einem kleineren Verein mit kleineren Ansprüchen könnte Rensing tatsächlich eine echte Nummer 1 werden – bei den Bayern muss von der 1 bis zur 11 mindestens gehobene Klasse auf dem Platz stehen. Sein Vertreter Hans-Jörg Butt ist für die Position der Nummer 1 ebenfalls nicht geeignet. Butt ist solide, mehr nicht. Somit hat man sich auf dieser Position falsch eingeschätzt. Ein besserer Keeper und Bayern stünde womöglich bereits auf Platz 1 in der Bundesliga.

Die Abwehr ist, wenn alle gesund sind (und in Form), bis auf die rechte Außenverteidigerposition gut besetzt. Ist mal wer verletzt und/oder außer Form, korrespondiert ein schwacher Torwart mit einer schwachen Abwehr und macht den Trumpf aus der Vorsaison zum Sorgendkind. Breno will immer lässig bei seinen Aktionen aussehen, macht dabei aber mehr Fehler als ein Amateur. Denn der spielt nur, was er auch wirklich kann. Massimo Oddo muss ohne jede Verhandlung zurück über die Alpen geschickt werden. Bei aller Symphatie für den Mann, der sicher auch zum Wohlbefinden Luca Tonis' beigetragen haben düfte: Er ist nur ein Ergänzungsspieler. Das fördert nicht gerade den Konkurrenzkampf, der eine Mannschaft im Klinsmannschen Sinn besser macht.

Das Mittelfeld ist zu sehr von der Links-Achse Ribery, Philipp Lahm und Ze Roberto abhängig. Das macht das Bayernspiel durchschaubar und damit gegen stärkere Gegner uneffektiv. Mit Van Bommel steht ein Mann auf der Sechser-Position, der sich zwar nichts gefallen lässt und nie aufgibt, dessen fußballerisches Vermögen allerdings mit seiner Attitüde nicht schritthalten kann. Altintop ist zu oft im Behandlungsraum und Tim Borowski hält sich für zu gut, als dass er seine Chancen nicht nur mit gelegentlichen Toren, sondern auch mit großem Kampf nutzen würde. Es stimmt schon: Talent schlägt Arbeit. Aber nur, wenn Talent hart arbeitet. Das tun die Bayern zu wenig. Es ist kein Kampfgeist in dieser Mannschaft, die sich auch fragen lassen muss, ob sie diesen Namen verdient. Wenn auf den Tisch gehauen wird, um ein Signal zu setzen, wirkt dies immer vereinzelt und hilflos, egal welcher Spieler das tut. Bastian Schweinsteiger kann keiner dieser Spieler sein – zu oft ist er mit sich selbst beschäftigt. Das Ich ist groß in dieser Mannschaft. Das Wir kommt nur im Misserfolg zum Zug.

Nach dem Debakel von Barcelona sind die Stimmen der Spieler alle im Wir formuliert. Von einem gestandenen Profi muss man nach so einer Schmach gnadenlose Selbstkritik erwarten können. Dafür kann Jürgen Klinsmann nichts, dafür ist er nicht lange genug da, und dafür ist dieser Kader auch noch zu sehr der seines Vorgängers. Die aktuelle Situation im Kader gibt Klinsmann Recht: man hätte Landon Donovan bis zum Saisonende behalten sollen. Kloses Verletzung trifft die Bayern im Moment hart. Luca Toni braucht einen Klassespieler neben sich, der auch mal arbeitet und vorbereitet. Das wäre Donovan zumindest ansatzweise gewesen. Podolski scheint momentan nur damit beschäftigt, auf dem Platz nichts Schlechtes zu träumen. Und auch ein Luca Toni ist nicht frei von Kritik. Seine Art Fußball zu spielen ist in Strafraumnähe die richtige. Aber er benötigt viele Mannschaftskollegen, die für ihn arbeiten. Für die Ausgangslage gestern in Barcelona war er definitiv der falsche Stürmer. Die Bayern waren taktisch so weit weg von Barcas Tor aufgestellt, dass Luca Toni doppelt so schnell sein müsste und doppelt so viel laufen müsste, als er es normalerweise tut. Vielleicht hat sich Jürgen Klinsmann taktisch überschätzt. Seine Spieler tun dies schon die ganze Saison.

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