Donnerstag, 15. April 2010
Dicker Hund
Es ist schon erstaunlich, wie schnell man sich an einen Bauernhof in der Nachbarschaft gewöhnt und man kein Problem mehr damit hat, dass das lauteste Signal in der Umgebung Kirchenglocken sind!
Im Nachbargarten hängt der dickste Hund herum, den ich je gesehen habe. Man kann seine Füße nicht richtig sehen und sein Gang ähnelt dem einer Ente.Und er winselt ständig. Erst dachte ich, er sei krank, dabei schaut er sehr vergnügt. Ihn quält, was mich auch immer unruhig macht: der permanente Hunger. Zumindest ist das meine erste Vermutung gewesen, die sich wohl als richtig herausstellen sollte.
In meiner Straße gibt es außerdem noch Pferde in erwähntem Bauernhof.
Das tierische Dorfleben komplettiert eine schwarze Katze, die mir oder besser meinen Wurstvorräten regelmäßig die Aufwartung macht. Sie hat eine Ecke ihres Ohres verloren, was in Katzenkreisen wohl so eine Art Tapferkeitssymbolik besitzen dürfte.
Erzählen will ich an dieser Stelle aber vom Hund, auf den ich nicht etwa aus Langeweile- oder gar grundsätzlich gekommen bin, sondern aus einem ganz speziellen Anlass: einem Donnerstag.
Es verhält sich nämlich so, dass an Donnerstagen in meiner Straße, in der, das wurde eingangs beschrieben, ja ohnehin schon jede Menge los ist, – ich will ehrlich sein: alles habe ich nicht mal erwähnt – ein Imbisswagen hält. „Hendl + Haxn“ lautet der wenig geistreiche wie verwirrende Slogan, der, über den Tag besehen, wenige Menschen, dafür umso mehr meinen dicken, tierischen und tierisch hungrigen Nachbarn anlockt.
Und das hat der Wagen dann davon, sich so frech an einem Donnerstag und noch dazu mit weithin riechendem Bratduft an die Straße zu stellen. Kein Wunder, dass man davon angelockt wird. Das ist ja allerhand, um nicht zu sagen: ein dicker Hund!
Und um wieder auf diesen zu kommen, wie gesagt, nicht grundsätzlich: dieser wich fortan nicht mehr. Oder um es kurz zu machen. Die Imbiss-Frau und der Hund bilden donnerstags jetzt – ich meine das nur optisch – ein Gespann. Allerdings eines, das sich in einer Lose-Lose-Situation befindet, wie man neudeutsch und krisengeschüttelt womöglich sagen würde.
Der Hund – ständige Requisite des Imbisswagens, der wiederum das Donnerstags-Beiwerk meiner Straße ist – sorgt dafür, dass die Kundschaft nur kommt, um über den Hund zu reden, nicht aber um etwa „Hendl + Haxn“ zu kaufen. Das verärgert die Imbissfrau. Die ihrerseits sorgt dafür, dass es dem Hund auch nicht gerade prächtig dabei geht und gibt ihm nichts zu essen, was diesen traurig macht, ihm aber körperlich wahrscheinlich keine weitreichenden Konsequenzen zufügt.
Der Hund watschelt am späten Nachmittag (donnerstags jedenfalls) wieder um die Häuser, – wir Menschen ziehen um die Häuser, Hunde watscheln: das ist die Erkenntnis meines bisherigen neuen Dorflebens – wohl spürend, dass die Imbissfrau bald von dannen ziehen wird.
Der Logik der Frau, irgendwann zu gehen, spätestens wenn sich Schlaf ankündigt, konnte ich folgen. Aber das Handeln des Hundes? Ich wusste nicht, dass tierisches Begehren gewerkschaftlich organisiert ist. Oder wie erklärt sich diese innere Uhr und Bereitschaft zum Feierabend?
Jedenfalls war mir der Anblick und Fortgang der Situation in meiner Straße ein inneres Fußbad, wie man im Ruhrgebiet gerne sagt, und deshalb sei das ganze hier nun aufbereitet. Mein erster Eintrag aus dem Dorf.

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