Montag, 22. Juni 2009
Der Führer im Radio
Seit ich beim Chips essen im Bett einmal aus Versehen meinen Radiowecker vollgekrümelt habe, gibt dieser, vermutlich wegen einer Störung der Lautsprechermembran, nur noch sehr gequälte Laute von sich. Sobald er in Betrieb ist, knackt es so eigentümlich, wie sonst nur noch Grammophone von Ur-Großeltern knacken. Und Stimmen werden wiedergegeben, als sänge der Führer persönlich die Charts rauf und runter. Das stört mich weiter nicht, sofern das im Radio gesendete nichts Imperatives an sich hat. Doch dies ist nun mal nicht immer der Fall. Neulich weckte mich mein Radiowecker mit der dem Führer ähnelnden Stimme und sagte mir in scharfem Kasernenhofton, dass wir in Deutschland unbedingt Elite-Universitäten bräuchten.
Ich, kaum wach, schlummerte mir Orte wie „Harvard Hamburg“ und „Oxford Osnabrück“ durch meinen müden Schädel. Nur durch den Tonfall war ich den ganzen verbleibenden Tag bemüht, meinen Beitrag zu den Elite-Universitäten zu leisten. Ich dachte mit Grausen an einen möglichen Studienraum Ost und Prüfungen auf studentische Abstammung. Erschöpft fiel ich abends wieder ins Bett, ich wusste nicht, was ich der Stimme des Führers hätte antworten können. Am nächsten Morgen weckte mich der Führer wieder recht unsanft, und wieder gab er Befehle: „Hey“, brüllte er mich an, „ab in den Süden“! Erleichtert schlief ich wieder ein.

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Man darf...
...mit dem Führer ja so einiges machen. Schlingensief sagte mal (sinngemäß), man müsse ihn verheizen. Nicht, damit er danach weg ist, sondern um den Schrecken von der Komik zu trennen (sinngemäß). Betrachte deinen Radiowecker also als Mittel zum Zweck der Trennung Gut/Lustig und Böse. Prost!

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